Am 12. Juni lud die Katholische Akademie in ihr Tagungshaus ein – zum „Pfingstereignis“: in neuer Tradition, als Startpunkt für das Jahresthema und für eine kleine Programmvorschau. Der Termin an Pfingsten sei kein Zufall, bekräftigte Akademiedirektor Thomas Harling bei der Begrüßung. Zu Pfingsten haben die Gefolgsleute Jesu ihre verschlossenen Türen verlassen, um über das zu sprechen, wofür sie einstehen wollten – in einer Sprache, die für andere verstehbar war. Auch für die Akademie sei die Frage zentral, wie man Perspektiven eröffnen könne, wie man für das, was man sagen will, eine Sprache finde, die wirklich verstanden werde.
Das Jahresthema „Fragilität und Zuversicht“ soll bis zum nächsten Pfingsten leiten und begleiten. Krieg in Europa, im Nahen und Mittleren Osten und in anderen Weltregionen, die Polarisierung gesellschaftlicher Diskurse, das Erstarken des Rechtsradikalismus, Zerreißproben innerhalb der Kirche sowie die fragile Ökologie dieser Welt: Angesichts omnipräsenter globaler Fragilitäten ist es der Anspruch der Akademie, verantwortet und vernünftig Zuversicht als Horizont einzubinden. "Jenseits hohler Phrasen und leerer Durchhalteparolen versucht Zuversicht, Spielräume zu finden, Resilienz zu entwickeln und Ambiguitäten auszuhalten", so Dr. Andreas Reitinger.
Einstieg in den Abend war eine Performance des Percussion-Künstlers Leo Harling, der die Einrichtung des Tagungshauses als Musikinstrumente nutzte und mit einer donnernden Schlagzeug-Improvisation auf der Empore das Haus zum Scheppern brachte. Den ersten Redebeitrag des Abends hielt der Materialwissenschaftler Dr. Torben Fiedler von der TU Braunschweig: Fragilität aus Sicht der Materialwissenschaft. Ein kleiner Nagel aus Stahl kann ein ganzes Auto halten, feine Risse machen auch dieses Material fragil.
Kurze Inputs verwiesen auf kommende Veranstaltungen: Prof. Dr. Jan Loffeld erläuterte im Interview mit Dr. Andreas Reitinger von der Katholischen Akademie die zunehmende religiöse Indifferenz, mit der sich Menschen sowohl von der Kirche als auch vom Glauben abwenden, ohne eine Leerstelle zu spüren. Dass Religion kein zwangsläufiges Bedürfnis der Menschen ist, stelle Kirchen und Pastoral vor neue Herausforderungen. Gedichte von Selma Meerbaum, rezitiert von Susanne Schwan und musikalisch eingerahmt von Simon Bellett, ließen die Schönheit und Traurigkeit der Poesie dieser jungen Frau aufleuchten, die im Alter von 18 Jahren von den Schergen der nationalsozialistischen Diktatur ermordet wurde. Jacqueline Bellon vom Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften widmete sich dem Thema Mensch-KI-Beziehungen. Wann und warum lassen sich Menschen auf parasoziale Beziehungen ein, einseitige Beziehungen, die nicht erwidert werden? Weil diese mit Attributen lebendiger Wesen ausgestattet sind, oder auch deshalb, weil sie sich selbst auf die Täuschung einlassen möchten? Beim 15-minütigen Crashkurs gegen rechte Parolen wurde das Publikum selbst aktiv: Was sind Gesprächsstrategien, um Stammtischparolen zu begegnen? Wie bewahrt man die Wertschätzung des Gegenübers, ohne den eigenen Standpunkt abzuschwächen? Einen Ausblick auf eine Ausstellungseröffnung anlässlich des 80. Jahrestags der Bombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki gab Francesco Bernasconi am Klavier mit Improvisationen zu einem Film aus Hiroshima 1935, 10 Jahre vor der Katastrophe.
Es gab auch Gelegenheit zur Rückschau auf mehrere Veranstaltungen zu den Themenfeldern feministische Außenpolitik und der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche. Dr. Annette Schmidt-Klügmann gab in ihrem Vortrag einen Rückblick auf das Seminar von Prof. Dr. Nikita Dhawan aus dem Oktober 2024 zu Dekolonisierung und Feminismus. Im Interview berichtete Dramaturgin Cornelia Pook von dem Theaterstück „Der Weg zur Hölle ist mit guten Absichten gepflastert“ des Theaters für Niedersachsen. Im vergangenen Jahr hatte die Akademie in Kooperation mit der Stabsstelle Prävention, Intervention und Aufarbeitung des Bistums Aufführungen dieses Stückes in Hannover, Göttingen und Lüneburg realisiert.
Sind Sie neugierig geworden auf die kommenden Akademieveranstaltungen? Hier geht es zum Programm. Falls Sie in Zukunft keine Veranstaltung verpassen möchten, können Sie sich hier für den monatlichen Newsletter anmelden.