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Marius Demir an der Handpan © KABH Schnecker
Vortrag von Dr. Florian Oppermann © KABH Schnecker
Begrüßung durch Michael Habel (Dekanatspastoralrat) und Thomas Harling (Katholisch Akademie) © KABH Schnecker
Dirk Preuß, Sonja Manderbach, Marco Förster, Wiebke Schepelmann, Uwe Sander, Susanne Rodemann-Kalkan (v. l. n. r.) © KABH Schnecker

Ein Feueralarm löscht nicht

Wer sind die Klimaaktivist*innen? Am 18. September kamen Interessierte im Tagungshaus der Katholischen Akademie zusammen, um jenseits von Fremdbildern und Zuschreibungen zu erfahren, was Klimaaktivist*innen bewegt. Vertreten waren auf dem Podium das Umweltteam des Bistums Hildesheim, die Letzte Generation, Greenpeace Hildesheim, WESTprotest und Extinction Rebellion. Durch den Abend führte Susanne Rodemann-Kalkan, die selbst einen aktivistischen Hintergrund mitbringt und das Podiumsgespräch immer wieder mit Resonanzen aus dem Publikum verband. Alle Beteiligten einte die Zuversicht, die durch die Gemeinschaft entsteht, und die Selbstwirksamkeit, die durch den Aktivismus entstehe.

Eine wissenschaftliche Einführung gab zunächst Dr. Florian Oppermann (Scientists for Future). Er zeigte auf, dass wir bereits näher an den Kipppunkten (kritischen Schwellen im Klimasystem, deren Überschreiten dramatische Veränderungen auslöst) sind, als vermutet worden war, als mit dem Pariser Klimaabkommen das Ziel gesetzt wurde, die Erderwärmung auf 2° C zu begrenzen. Es sei dringend nötig, Netto-Negativemissionen für CO₂ zu erreichen. Momentan steuerten wir eher auf eine Erwärmung von 4 °C als 2 °C zu, ein Unterschied von nicht weniger als dem Erhalt der menschlichen Zivilisation. Um dies zu vermeiden, sei Disruption und exponentielles Wachstum der Lösungen notwendig – und Geduld, denn sobald es gelinge, der Atmosphäre CO₂ zu entnehmen, dauere es noch 20 Jahre, bis die Bemühungen in einem Sinken der Temperatur spürbar werden. Länger als eine Wahlperiode.

„Aber wir brauchen nicht nur den Feueralarm, der löscht ja gar nicht.“

Endlich die Politik und Gesellschaft zu nachhaltigem, wirksamem Handeln bringen – das treibt die Klimaaktivist*innen auf dem Podium an. Auch, wenn sich ihre Herangehensweise unterscheidet. Sonja Manderbach von der Letzten Generation sieht ihre Initiative als Feueralarm – „Aber wir brauchen nicht nur den Feueralarm, der löscht ja gar nicht.“ Jeder und jede könne einen Beitrag dazu leisten, Aktivist*innen zu unterstützen: mit Mahlzeiten für Protestierende, Plakataktionen, und durch Fürbitten. Als dies schaffe Öffentlichkeit für die Anliegen der Protestierenden und trage zu ihrer Entkriminalisierung bei. Besonders wichtig ist Manderbach die Wertschätzung zwischen den Initiativen, moderate Flanke wie auch radikale Flanke.

Uwe Sander von Extinction Rebellion, kurz XR, betonte die spirituelle Komponente, die ihn in seinem Aktivismus bestärkt und begleitet. XR sehe sich als Teil einer lebendigen Demokratie, der auf Schwachstellen im System hinweise und mit demokratischen Mitteln Demokratie anstoße. In der spirituellen Dimension seines Engagements sieht Sander großes Deeskalationspotential, beispielsweise wenn ein Kirchenchor bei einer Blockade singt. Das schaffe Vertrauen und sei eine Unterstützung für die Aktivist*innen.

„tolle Städte mit Lebensqualität“

Für die Verkehrsplanerin Wiebke Schepelmann war es der geplante Ausbau des Westschnellwegs, der sie aktivierte. Nachdem trotz des Verkehrsentwicklungsplans erst der Ausbau des Südschnellwegs und dann der Ausbau des Westschnellwegs beschlossen wurde, drängte sich ihr der Eindruck auf, die Politik und Verwaltung setze beschlossene Maßnahmen nicht um. Sie wünscht sich, „dass wir viele werden“ und gemeinsam der Ausbau des ÖPNV und der Fuß- und Radwege und „tolle Städte mit Lebensqualität“ erreicht werden.

Die Kriminalisierung der Aktivist*innen ist eine Sorge, die viele Podiumsgäste beschäftigt, so auch Marco Förster von Greenpeace Hildesheim. Das Erlebnis, das ihn zum Aktivismus brauchte, war die Ingewahrsamnahme von Greenpeace-Aktivist*innen an der russischen Küste. Er möchte mit seiner Initiative Lösungen anbieten und durchsetzen, dabei Menschen mitnehmen und nicht ausgrenzen. Vielfalt der Aktionen und Zusammenarbeit sei der Schlüssel dazu.

„Begleitet uns kritisch, trietzt uns, treibt uns an.“

Das Bistum Hildesheim mit seinem Projekt „Schöpfungsgerecht 2035“ wurde von Dr. Dr. Dirk Preuß vertreten. Eine Komponente dieses Projekts sei es, den Bestand der Gebäude im Bistum auf das Benötigte zu reduzieren und diese Gebäude energetisch zu ertüchtigen. Seine Bitte an das Publikum: „Begleitet uns kritisch, trietzt uns, treibt uns an.“ Auf die Frage, was ihn in seinem Engagement stärke, zitierte er Karl Rahner: „ Hoffnung ist die Tugend des Alltags, in der man das Mögliche tut und das Unmögliche Gott zutraut.“

Veranstalter des Abends waren der Dekanatspastoralrat des Regionaldekanats Hannover und die Katholische Akademie des Bistums Hildesheim in Hannover.