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Tobias Haberl im Gespräch mit Dr. Andreas Reitinger © Katholische Akademie, Schnecker
Tobias Haberl im Gespräch mit Dr. Andreas Reitinger © Katholische Akademie, Schnecker
Tobias Haberl © Katholische Akademie, Schnecker

„Etwas, dass ich mir selbst nicht geben kann“

Die moderne Welt, geprägt von einem „rasenden Stillstand“ (Hartmut Rosa), der sich in einer ständigen Bewegung zeige, die doch nirgends hinführe, verweigere dem Menschen oft die verlässliche Zugehörigkeit zu etwas Größerem. So beschreibt Tobias Haberl, Journalist und Autor, der als gläubiger Katholik lebt, seine Wahrnehmung der gegenwärtigen Gesellschaft. Bei einem Vortrag an der Katholischen Akademie stellte er sein neu erschienenes Buch „Unter Heiden“ vor.

Darin formuliert Haberl eine Art Glaubensbekenntnis für das 21. Jahrhundert und thematisiert die Frage: Was fehlt, wenn Gott fehlt? Seine Antwort umfasst Phänomene wie Demut, Ehrfurcht, Stille, Rhythmus und Rituale. In Haberls Leben, das von Spontaneität und Freiheit geprägt ist, bietet sein Glaube Struktur und birgt Geheimnisse, die sich der Verfügbarkeit entzögen. Er äußert sich kritisch zum technischen Fortschritt und betont, dass nicht alles, was technisch möglich ist, auch getan werden solle. Der unreflektierte Konsum technologischer Errungenschaften in einer digitalisierten Gesellschaft sei seiner Meinung nach schädlich für die Seele.

Als gläubiger Christ fühlt sich Haberl oft als Außenseiter und nicht ernst genommen; besonders in seinem beruflichen Umfeld werde sein Glaube häufig als antiquiert betrachtet, gar als schrullig belächelt. Dennoch oder gerade deshalb plädiert er dafür, auch dem Unzeitgemäßen Platz in der Gesellschaft zu geben. Die Forderungen nach Abschaffung eines als überholt geltenden Glaubensmodells seien gefährlich: Es sei keineswegs sicher, dass nach dem Ende des Christentums etwas Besseres folgen werde. Vielmehr sieht er den Glauben als Gegenentwurf zu den Krisen und autoritären Tendenzen, die seiner Meinung nach ihren Ursprung in der digitalen Welt haben.

Haberl betrachtet die Kirche als eine unverzichtbare Institution, die Werte vermittelt, die nicht von Eigeninteressen geprägt sind. Er kritisiert  eine durchökonomisierte Wirklichkeit und die Entfremdung in der heutigen Gesellschaft und sieht in der Kirche einen notwendigen Gegenpol zur Vorstellung, Lebensqualität sei auch ohne Schmerz erreichbar. Seinen Glauben beschreibt er als inneren „Schatz“ und äußert Unmut über pauschale Kritik an der Kirche, insbesondere im Kontext des Missbrauchsskandals. Er betont vielmehr das Engagement von Priestern und Laien, die täglich im Namen Jesu Gutes tun.

Insgesamt sieht Haberl seinen Glauben als Quelle von Sinn, Schönheit und Wahrheit, die sein Leben bereichern, auch wenn er oft auf Unverständnis stößt. Sein Buch „Unter Heiden – Warum ich trotzdem Christ bleibe“, das im September 2024 beim btb-Verlag erschienen ist, beleuchtet seine Erfahrungen und Überzeugungen in einer zunehmend glaubensfernen Gesellschaft.

Ein kurzes Interview mit Tobias Haberl finden Sie hier.