Am Samstag, den 16. August, fand auf der Empore der Basilika St. Clemens eine Lesung des Briefwechsels zwischen dem Philosophen Günter Anders und dem Hiroshima-Piloten Claude Eatherly statt, organisiert von der Katholischen Akademie des Bistums Hildesheim. Die Veranstaltung stellte die komplexen moralischen Fragen der Atombombenkatastrophe von Hiroshima in den Mittelpunkt, portraitierte aber auch die Freundschaft der beiden Männer, die in dem Krimi-gleichen Versuch gipfelte, Eatherly aus der geschlossenen Psychiatrie zu befreien.
Die beiden Schauspielerinnen Alrun Hofert und Helene Krüger brachten die Briefe in einer stark gekürzten und doch eindringlichen Fassung zur Aufführung. Ihre Interpretation gab den beiden historischen Figuren eine eindrucksvolle Stimme und machte deren innere Konflikte und ihren Anti-Atom-Aktivismus fühlbar. Besonders eindrücklich war die Passage, in der von der „Hornhaut auf der Seele“ die Rede ist, welche Eatherly verloren hatte – ein Bild, das die seelische Abstumpfung beschreibt, welche die Menschen angesichts des Grauens der Atomwaffen entwickeln. Dabei, so Anders, müsse man das Grauen fühlen: „Sei nicht zu feige, Angst zu haben! Zwinge dich, denjenigen Ertrag an Angst aufzubringen, der der Größe der apokalyptischen Gefahr entspricht!“ (Aus seinem Werk „Gebote des Atomzeitalters“)
Die Strichfassung und damit die Textgrundlage des Abends hatte die Dramaturgin Astrid Reibstein besorgt. Unterstützt wurde das gesprochene Wort durch die musikalische Begleitung von Francesco Bernasconi, dessen – mal feinfühlige, mal bombastische – Improvisation an der Orgel die Atmosphäre der Lesung intensivierten und die emotionalen Momente verstärkten.
Insgesamt bot die Veranstaltung einen zeitlosen Impuls zur Auseinandersetzung mit der Verantwortung des Einzelnen im, wie Anders es nannte, „technischen Zeitalter“. Die Lesung auf der historischen Empore der Basilika St. Clemens verband Erinnerungskultur mit künstlerischer Darstellung und hinterließ beim Publikum ein nachhaltiges Bewusstsein für die Schrecken des Atomzeitalters und die bleibende Notwendigkeit für Frieden und Menschlichkeit.