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© Katholische Akademie Hannover
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Gefährliche Theologien

Dr. Doris Reisinger definiert Fundamentalismus als Beharren auf Grundsätzen, geprägt von antimodernem Denken. Fundamentalismus setze bestimmte Normen und Ausdrucksformen absolut und verlange, diesen unkritisch und kompromisslos zu folgen. So schließe Fundamentalismus diejenigen aus, die diesen Normen nicht entsprechen können oder wollen; diese bekämen entgegnet: „Egal, was das mit dir macht, bei uns gilt die Regel: Das geht nicht.“

Innerhalb der Kirche habe immer schon eine Spannung bestanden: Einerseits sei Freiheit Voraussetzung für den Glauben, andererseits werde auch Unterordnung und Glaubensgehorsam gefordert. Zudem sehnten sich manche Gläubige nach Sicherheit, einfachen Wahrheiten und einem unkomplizierten Glauben mit festen Regeln. Beides könne in Kombination Nährboden für Fundamentalismus bieten, der eine vermeintlich heile Welt mit starkem Zugehörigkeitsgefühl schaffe und Komplexität reduziere. Besonders betonte Dr. Reisinger, dass es wichtig sei, die persönliche Religiosität jedes Menschen und damit auch fundamentalistische Frömmigkeitsstile, solange sie niemandem schadeten, zu respektieren. Die Diskursfähigkeit müsse immer erhalten bleiben.

Gefährlich werde Fundamentalismus, wenn die Gläubigen sich nicht frei aus fundamentalistischen Kontexten lösen könnten und mit autoritärem Druck an ihrer Selbstbestimmung gehindert würden. Gefährlich sei katholischer Fundamentalismus auch, wenn Ausgrenzung Andersdenkender und Selbstüberhöhung aktiv praktiziert und propagiert würden. In einigen fundamentalistischen Gruppierungen sei demnach Demokratiefeindlichkeit, Frauen- und Homosexuellenfeindlichkeit sowie spiritueller Missbrauch zu beobachten.

Um fundamentalistischen Theologien entgegenzutreten sei letztlich eine kirchliche Verfassungsänderung nötig. Es müsse innerhalb der Kirche mehr Freiheitsrechte und Abwehrrechte gegenüber Autoritäten geben und diejenigen, die für sich beanspruchten, die Wahrheit zu verkünden, müssten immer auch kritisierbar sein.

Die kritischen Beiträge und die längeren Gespräche im Anschluss machten deutlich, dass es nötig ist, sich weiterhin diesem Thema zu stellen und sich mit Ursachen, Ausdrucksformen und Konsequenzen von katholischen Fundamentalismen auseinanderzusetzen. Die Veranstaltung war der Auftakt der Reihe Toxic Church?, einer Kooperation des [ka:punkt], der Katholischen Akademie Hannover, der Katholischen Erwachsenenbildung in der Diözese Hildesheim und der Katholischen Familienbildungsstätte Hannover.